Lisa Seelau ist Referentin für Personalmarketing und beteiligt sich an der LGBTQ-Gruppe des HZB. Vielfalt spielt in ihrem Berufsalltag eine große Rolle. Im Gespräch erwähnt sie, wie sehr sie eine Kultur der Offenheit und der Austausch über unterschiedliche Perspektiven bereichert.
Was ist Dir beim Thema Diversity wichtig?
Ich bin der festen Überzeugung, dass Diversität in einem Unternehmen vielfältige, neue Ideen und Perspektiven bringt. Es verändert den Blick, den es lange gab, den heteronormativen Blick des cis-weißen Mannes. Zahlreiche Studien zeigen auch, dass durch Diversität Unternehmen erfolgreicher werden. Es funktioniert vor allem, wenn es Schulungen zum Thema Diversität gibt, wenn Führungskräfte und Geschäftsführer*innen Diversität positiv thematisieren.
An welchen Punkten Deiner Arbeit spielt Diversity eine Rolle?
Als Person, die im Recruiting tätig ist, spielt Diversität eine riesige Rolle in den Auswahlprozessen.
Manchmal sagt man sich ja selbst oder bekommt gespiegelt, dass das eigene Team nicht divers sei. Dennoch gibt es viele Diversitätsaspekte, zum Beispiel soziale Herkunft oder psychische Befähigung, die nicht immer sichtbar sind. Wichtig ist hier, dass wir offen miteinander umgehen.
Wann hat es Dich weitergebracht, dass es unterschiedliche Meinungen zu einem Thema gegeben hat?
Im Allgemeinen merke ich, dass ich durch verschiedene Meinungen, mein Weltbild anpasse und es mir hilft, mich nicht nur in meiner „bubble“ zu bewegen.
Im Arbeitskontext habe ich z. B. in der Pandemie gemerkt, dass es hier sehr unterschiedliche Herangehensweisen gibt. Ich finde ich es wichtig, dass ich mir bewusst bin, dass eine Person nie alle Perspektiven allein abdecken kann. Durch verschiedene Meinungen können Prozesse optimiert und neugestaltet werden.
Wo gab es auch mal Reibungspunkte?
Ich merke manchmal, dass mein geisteswissenschaftlicher Background mich ganz anders handeln lässt als Personen, z.B. aus den Rechtswissenschaften. Ich mag gerne kreativ arbeiten, neue Ideen testen, „mal machen“ und darauf sprechen mich Kolleg*innen an und teilen ihre Sicht: „Hast Du dies und jenes bedacht, diesen juristischen Rahmen im Auge behalten“. Das finde ich sehr bereichernd, denn nichts ist immer ganz so leicht, wie man oft denkt.
Für welchen Aspekt von Diversity (z.B. Herkunft, Gender, Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung, Religion) sollte sich das HZB noch mehr engagieren?
Muss ich mich für eins entscheiden? Dann wäre es die Behinderung, und zwar nicht nur wenn es nachgewiesen ist, sondern ich spreche hier von Neurodiversität zum Beispiel. Da sehe ich ein Riesenpotenzial für Menschen, denen wir momentan noch kein Umfeld schaffen.
Zum Thema Geschlecht kann ich sagen, dass wir uns hier sehr für die Gleichstellung zwischen Mann und Frau einsetzen – aber wir sollten uns nicht nur auf dieses binäre Raster fokussieren. In meiner Arbeit ist es natürlich, aber auch wichtig, dass wir als HZB noch attraktiver für Frauen bzw. Menschen aller Geschlechter werden.
Das Interview wurde geführt von Florentine Krawatzek.
Neurologische Vielfalt – Was ist Neurodiversität?
Neurodiversität ist ein Konzept, das darauf abzielt, neurologische Unterschiede als natürliche und wertvolle Variationen des menschlichen Gehirns anzuerkennen. Es betrachtet neurologische Unterschiede wie Autismus, ADHS, Legasthenie etc. nicht als Defizite oder Störungen, sondern als Ausdruck der natürlichen Vielfalt der menschlichen Neurologie mit ihren Stärken und Schwächen.
Es gibt verschiedene Studien, die darauf hindeuten, dass neurodiverse Menschen einzigartige Stärken und Fähigkeiten haben, die ihnen in verschiedenen Kontexten, z.B. in der Wissenschaft, von Vorteil sein könnnen. Studien zeigen, dass Autist*innen eine außergewöhnliche Detailorientierung, eine gute visuelle Wahrnehmung und eine intensive Konzentrationsfähigkeit aufweisen, was in der Wissenschaft sehr von Vorteil ist[1]. Außerdem legen verschiedene Studien eine positive Korrelation zwischen Menschen mit ADHS und Unternehmertum nahe[2],[3].
Um neurodiverse Menschen dabei zu unterstützen, ihr volles Potential im Alltag und im Beruf entfalten zu können, ist es notwendig, eine inklusive Umgebung zu schaffen, in der gegenseitig Rücksicht genommen wird und wir respektvoll miteinander umgehen.
Geschrieben von Ribal Zeitouni.
Quellen:
- Happé, F., & Vital, P. (2009). What aspects of autism predispose to talent? Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences, 364(1522), 1369-1375. https://doi.org/10.1098/rstb.2008.0332
- Lerner, D.A., Verheul, I. & Thurik, R. Entrepreneurship and attention deficit/hyperactivity disorder: a large-scale study involving the clinical condition of ADHD. Small Bus Econ 53, 381–392 (2019). https://doi.org/10.1007/s11187-018-0061-1
- Wismans, A., Thurik, R., Verheul, I., Torrès, O. and Kamei, K. (2020), Attention-Deficit Hyperactivity Disorder Symptoms and Entrepreneurial Orientation: A Replication Note. Applied Psychology, 69: 1093-1112. https://doi.org/10.1111/apps.12247
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