Wie ich ChatGPT nutze: Ein Computer der einen Text ausspuckt, nachdem ich ihn mit Notizen füttere.

ChatGPT ist für mich eines der praktischsten Werkzeuge überhaupt. Aber ich habe gemerkt: wenn man andere Menschen im wissenschaftlichen Umfeld fragt, stößt man eher auf Zurückhaltung – vielleicht sogar auf Ablehnung. Die Gründe dafür sind meistens jedoch schwammige Bedenken und Ängste zu möglichen Entwicklungen von KI in weiter Zukunft. Hier möchte ich hingegen über ChatGPT sprechen – ein aktuell nutzbares Werkzeug für erste Entwürfe von strukturierten Texten.

Die große Frage

Also zurück zu meiner Ausgangsfrage. Wie kann ich ChatGPT richtig einsetzen? Bevor ich das beantworte, möchte ich aber noch auf Besonderheiten bei wissenschaftlichen Texten eingehen.

Gute wissenschaftliche Praxis

Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis sind Plausibilität und Nachvollziehbarkeit. Wir wollen bei allen Studien wissen, wie das präsentierte Wissen zustandekommt. Dazu wird erwartet, dass wir alle unsere Quellen präzise angeben, dass wir genau beschreiben, was wir getan haben. Jeder einzelne Schritt, sei es eine Argumentationskette oder ein empirisches Experiment, muss genau nachvollziehbar sein.

ChatGPT in der Wissenschaft

Und genau hier stößt ChatGPT an die eigenen Grenzen. Deep-Learning-KIs wie ChatGPT werden mit Unmengen an Daten gefüttert und lernen auf diese Weise, Ähnliches mit Ähnlichem zu verknüpfen, wobei uns die Gewichtung der einzelnen Verknüpfungspunkte zueinander komplett unbekannt ist. KIs sind also Assoziationsmaschinen. Aber niemand weiß, wie assoziiert wird. Das macht diese Form von KI so stark: Durch ihre Fähigkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten, kann sie Assoziationen erzeugen, die für uns Menschen unerreichbar wären. Aber unerreichbar heißt auch: nicht nachvollziehbar. Und somit auch nicht wissenschaftlich.

Die Texte, die ChatGPT ausspuckt, bestehen also einfach nur aus der wahrscheinlichsten Abfolge assoziierter Wörter, wobei diese Wahrscheinlichkeiten nach uns unbekannten Mustern errechnet werden. Diesen Texten können wir nicht blind vertrauen. Aber wir können KIs wie ChatGPT dennoch sehr gut nutzen.

Aber was kann ChatGPT jetzt eigentlich?

Wie erwähnt kann ChatGPT vor allem assoziieren. Die Entwickler haben die KI mit unzählig vielen Texten gefüttert. Auf diese Weise lernt ChatGPT. Das, was es generiert, ist eine Abfolge an Wörtern, die in diesem Kontext am meisten Sinn ergeben. Das klingt nicht nach viel, ist es aber. Wir können auf diese Weise unsere Gedanken sortieren. Denn die meisten unserer Gedanken sind in einem Kontext entstanden, den andere bereits niedergeschrieben haben. Und wir können davon profitieren, dass unsere Gedanken in bestimmte Strukturen gerückt werden, die sich etabliert haben. Auf diese Weise können sich neue Assoziationen bilden, auf die wir ohne Deep-Learning niemals gestoßen wären.

Und auch Stichpunkte in Fließtext umzuwandeln, funktioniert mit ChatGPT wunderbar. Wer soll denn besser Grammatik beherrschen als eine Assoziationsmaschine, die Zugriff auf Millionen von Texten hat?

Wie nutze ICH ChatGPT?

Eine Sache, die mit ChatGPT hervorragend geht, ist die Recherche für wissenschaftliche Arbeiten. Mit ein paar Worten erzähle ich von meiner Forschungsfrage, evtl. vom größeren Themenbereich und gebe den ersten Stupser, in welche Richtung es gehen soll. Und dann formuliere ich ganz konkret, was ich wissen will. Quellen kann ChatGPT zwar nicht angeben – aber es liefert Schlagworte für weitere Suchen in Google Scholar oder anderswo. Und ChatGPT kann dabei helfen, die wichtigsten Punkte aus komplizierten Texten herauszuarbeiten, wodurch ich einerseits eine verständliche Einführung bekomme, oder aber merke, dass manche Publikationen gar nicht relevant für meine Arbeit sind.

Auch beim Schreibprozess selbst kann ChatGPT hervorragend helfen. Mir persönlich fällt der im wissenschaftlichen Bereich übliche „Architekten“-Schreibstil – also erst die Struktur planen und dann mit Inhalt füllen – schwer. Ich schreibe viel lieber darauf los und strukturiere im Nachhinein. Das heißt zu Beginn einer Arbeit habe ich viele Gedanken, die in keiner besonderen Struktur stehen. Ich weiß, welche Frage ich mit meinem Text beantworten möchte und kenne die meisten Informationen, die ich inkludieren will. Aber gleich am Anfang schon alles in eine Struktur zu bringen, wie es für eine wissenschaftliche Arbeit notwendig ist, finde ich unglaublich anstrengend.

Bei der Planung meiner Bachelorarbeit stand ich wieder vor diesem Problem. Ich wusste, das Thema soll etwas mit „Nudging“ zu tun haben und welche Theorien und Konzepte ich einbringen möchte. Das habe ich ChatGPT mitgeteilt und im Anschluss mit diesem Prompt aufgefordert: “Gib mir bitte eine NICHT-empirische Forschungsfrage, die ich in diesem Themenkomplex behandeln kann und gib mir eine Gliederung für meine Bachelorarbeit“. Mit diesen Ergebnissen konnte ich dann weiterarbeiten. Und da ChatGPT als Assoziationsmaschine kein neues Wissen generieren kann, sondern nur meine Gedanken in eine sinnvolle Form gebracht hat, handelt es sich hierbei nicht um ein Plagiat oder einen Täuschungsversuch. Außerdem habe ich selbstverständlich angegeben, inwieweit ich mir von KI helfen habe lassen.

Auch bei kürzeren Texten, beispielsweise bei Gutachten, kann ich meine Notizen gesammelt an ChatGPT geben. Ich weise die KI an, meine Stichpunkte als sinnvoll strukturierten Text für ein Gutachten wieder auszugeben. Das Ergebnis ist dann eine erste Rohfassung, mit der ich viel besser weiterarbeiten kann, da ich mir die reine Ausformulierungsarbeit spare. Hier ist es wichtig, auf Datenschutz zu achten, und keine sensiblen Informationen weiterzugeben. Diese sensiblen Informationen muss ich im Anschluss händisch beim Überarbeiten ergänzen.

Was ChatGPT natürlich nicht kann, ist mir die Arbeit komplett abzunehmen. Wissen generieren kann die KI nicht. Sie kann aber sehr gut assoziieren und auch strukturieren. Und wer ChatGPT auf diese Weise nutzt, kann von einem unglaublich praktischen Werkzeug profitieren.

Geschrieben von Ribal Zeitouni und ausnahmsweise ohne Hilfe von ChatGPT.

Ribal ist Mitarbeiter in der Kommunikationsabteilung am HZB und hat an der TU Berlin Philosophie studiert. Daneben engagierte er sich auch als studentischer Gutachter bei der Akkreditierung von Studiengängen. Dabei nutzt er gerne ChatGPT.

Lesen Sie auch den Beitrag zu Offene Fragen zu ChatGPT.

5 Kommentare


  1. Klasse Beitrag. Ich bin immer wieder erstaunt, dass chatGPT auch schräge bzw. total komplexe Fragen super beantwortet. Da braucht man keine Hemmungen haben 😉
    Beispiel Programmieren: Unser Student konnte ohne größere Python Erfahrung dank chatGPT ein Programm erstellen, was Messdateien einliest und ein Diagramm als .jpg ausspuckt. Und das nach 2 Stunden “plaudern”. Jeder/Jede kann jetzt kleine Helfer-Tools für das tägliche Arbeiten bauen.
    Einschränkung: Sobald das Programm komplexer wird, muss man chatGPT die Aufgabe (noch) in sinnvolle Häppchen aufteilen, damit es sich nicht verheddert.

    1. Author

      Ja, die Einsatzmöglichkeiten sind wirklich cool und gefühlt endlos! Und eine Sache, finde ich, darf man auch nicht unterschätzen: Es macht total Spaß, herumzuexperimentieren und auf diese Weise seiner Kreativität eine gewisse Produktivität zu geben.

  2. Vielen Dank lieber Ribal für diesen offenen Einblick in den Möglichkeiten, die uns solche KI wie chatGPT – und andere Tools geben. Ich finde es wichtig, sich nicht zu verschließen, obgleich diese neuartige Arbeitsweise für viele – verständlich – noch etwas befremdlich bis beängstigend und nicht sinnvoll erscheinen mag. So oder so kommen wir nicht drum herum, also besser wir lernen den gewinnbringenden Umgang mit der KI…

    Sophie Spangenberger
    1. Author

      Danke für deine netten Worte! Ich finde es auch wirklich wichtig, sich der Möglichkeiten solcher mächtiger Tools bewusst zu werden, und mit der Zeit zu gehen und sie in seine Arbeitsweise aufzunehmen. Gefahren gibt es immer, und man muss sie auf jeden Fall mitbedenken, aber wie du sagst, KI kommt, und sie wird noch viel mehr kommen – und wenn wir damit umgehen können haben wir einen unglaublichen Vorteil!

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