Tristan Petit ist „Freigeist“-Fellow der Volkswagen-Stiftung und leitet am HZB eine Gruppe zu Nanokohlenstoffmaterialien. Im Interview mit Sophie Spangenberger berichtet er, wie er die allmähliche Normalisierung nach dem Lockdown erlebt. Damit beenden wir auch die Serie über die Corona-Zeit am HZB.
Wie hast Du den Lockdown erlebt und was hast Du als Erstes gemacht, als Du wieder ins Büro konntest?
Wir sind zu Beginn des Lockdowns umgezogen. Zuerst war ich also mehr durch die Sorge gestresst, dass dieser Umzug nicht klappt, als durch Corona. Wir verbrachten dann die ersten Wochen im Lockdown mit unseren zwei Kindern umgeben von Umzugskisten im neuen Zuhause und dann haben wir allmählich bemerkt, was sich alles verändert hat…
Als ich ins Büro zurückkam, genoss ich zuerst die Stille! Im Büro gibt es keine Kinder!!! Ich war auch froh über den extragroßen Bildschirm, um einige Analysen abzuschließen, die auf einem Laptop zu schwierig waren.
Welche Auswirkungen haben die Sicherheitsvorschriften auf Deine Arbeit?
Da wir nur zu zweit an den Strahlrohren an BESSY II arbeiten dürfen, kann ich mir die laufenden Versuche nicht mehr anschauen. Meine Mitarbeiter sind jedoch unabhängig und brauchen mich zum Glück nicht. Wir chatten per Video oder treffen uns manchmal vor Ort, wobei wir Abstand halten …
Als Gruppenleiter musst Du hauptsächlich koordinieren, aber Du experimentierst auch weiterhin im Labor. Zum Spaß oder aus Verpflichtung?
Beides. In den letzten Jahren habe ich in der Tat immer weniger Zeit an der Beamline verbracht, aber ich bin immer froh, selbst zu experimentieren. Es bringt mir auch neue Ideen, wie wir unsere Charakterisierungsmethoden noch verbessern können.
Hat der Lockdown Deine Projekte verzögert?
Eigentlich hat der Lockdown auf meine Forschung keine dramatische Auswirkung. Im Moment ist mein Team auf einen Postdoc und einen Doktoranden reduziert, und ich selbst bin in Teilzeit im Erziehungsurlaub. Einige Projekte gehen gerade zu Ende, und neue Projekte stehen kurz vor dem Start, es ist eine Zeit des Übergangs.
Da ich weiß, dass ich in den nächsten Monaten keinen Zugang zu BESSY haben werde, habe ich meine Forschungspläne neu organisieren müssen. Glücklicherweise konnten wir kürzlich einen Last-Minute-Slot Strahlzeit an BESSY II an einem Wochenende bekommen. Es war dann ziemlich schwierig, Proben zu organisieren, weil die Labore unserer Partner im Ausland geschlossen waren. Aber wir haben es geschafft und bei dieser Gelegenheit eine neue Zusammenarbeit mit einem Labor begonnen.
Hat sich die Krise auf die Finanzierung Deiner Projekte ausgewirkt?
Die Verträge meines Teams werden verlängert, vor allem dank der vom HZB dafür bereitgestellten Mittel. Ich habe kürzlich eine dreijährige Verlängerung meines Freigeist-Stipendiums erhalten, nach einer Evaluierung, die im März kurz vor der Schließung stattfand. Die Volkswagenstiftung hat sich bereit erklärt, den Beginn des neuen Projekts zu verschieben, da der Zugang zu BESSY II zumindest bis zum Ende des Jahres noch eingeschränkt sein wird. Daher werde ich wahrscheinlich erst im Jahr 2021 neue Stellen ausschreiben anstatt schon in diesem Sommer, so dass ich abwarten kann, wie sich die Situation in den kommenden Monaten entwickelt.
Was hat sich durch die Krise für Dich verändert?
Normalerweise folgen Projekte sehr schnell aufeinander, und die Vorbereitung der nächsten Strahlzeiten hat immer Vorrang. Die unvorhergesehene Schließung von BESSY hat es uns ermöglicht, aktuelle Artikel fertig zu stellen und Daten zu analysieren, für die wir bis dahin keine Zeit finden konnten.
Außerdem habe ich, wie viele meiner Kollegen, festgestellt, dass ich einen Teil meiner Arbeit von zu Hause aus erledigen kann, auch wenn das Home-Office mit kleinen Kindern nicht immer einfach ist. Beim Schreiben oder Korrekturlesen von Publikationen war ich wahrscheinlich langsamer als im Büro.
Durch Online-Konferenzen muss ich nun weniger reisen und kann dabei auf mehr Präsentationen zuzugreifen als zuvor. Ich hoffe jedoch wirklich, dass die physischen Sitzungen wieder aufgenommen werden. Es ist schon schwieriger, nur im virtuellen Modus zusammen zu arbeiten.
Die Fragen stellte Sophie Spangenberger