Heute stellen wir zwei Forscherinnen vor, die an der BAMline und µSpot Beamline bei BESSY II arbeiten. Franziska Emmerling ist für die Abteilung Materialchemie an der BAM verantwortlich und leitet ein großes Team zur Strukturanalytik. Mit ihrer Kollegin Ana Guilherme Buzanich berichtet sie, wie sie den Lockdown erlebt haben und welche Erfahrungen sie nun mitnehmen.
Wie hat der Lockdown bei euch angefangen? Musstet ihr ein Experiment abbrechen?
Franziska: Nein, wir hatten Glück, unsere Strahlzeit war gerade zu Ende und wir hatten Tonnen von Daten, die wir ohnehin auswerten mussten. Ich habe als Leiterin des Teams am 16. März an alle eine E-Mail geschrieben mit der Botschaft: ‚Bereitet euch darauf vor, von zu Hause zu arbeiten.‘ Und dann habe ich dafür gesorgt, dass alle zu Hause arbeiten können. Wir haben Aufgaben und Projekte abgestimmt und Pläne bis Ostern festgelegt.
Ana: Zunächst dachten wir ja auch, der Lockdown dauert nur bis Ostern. Und wir hatten alle genug zu tun mit der Auswertung der Daten.
Franziska: Ab dem 17. März war dann wirklich jeder zu Hause, bis auf ganz wenige Personen, die noch etwas an den Instrumenten erledigen mussten. Das war für mich sehr beruhigend, weil ich wusste: Wir sind jetzt alle in Sicherheit. Und dann haben wir schon angefangen, Online-Meetings zu machen. Und als ich alle auf dem Bildschirm gesehen habe, war das super.
Ana: Wir haben eine ganze Reihe von Online-Meetings organisiert, auch ganz neue Formate sind dabei entstanden. So hat eine Forscherin, die vom britischen Synchrotron Diamond Light Source hier zu Besuch ist, zusammen mit weiteren Kollegen eine kleine Vortragsreihe zu Methoden der Röntgenkleinwinkelstreuung gestartet, immer Freitagsnachmittags, unter dem Titel „The Light Stuff“.
Franziska: Das war toll, mit so einem Input ins Wochenende zu gehen. Aber das ging noch weiter. Manche aus dem Team haben sich abends zum virtuellen Kartenspielen verabredet. Oder auf ein Glas Wein. Wir haben aber auch zusammen online gefeiert, wenn wir ein gemeinsames Paper fertig hatten und es absenden konnten.
Wie war die Rückkehr an Eure Beamline an BESSY II? War es sehr ungewohnt, mit den neuen Richtlinien für Sicherheit zu arbeiten?
Ana: Ich fand es zunächst ziemlich herausfordernd, immer auf den Sicherheitsabstand zu achten. Man vergisst es manchmal, wenn man konzentriert zusammen an einem Gerät arbeitet. An die Maske habe ich mich aber schnell gewöhnt, alle tragen sie jetzt an BESSY II.
Franziska: Eine große Veränderung ist natürlich, dass wir nur maximal zu zweit arbeiten dürfen, aber inzwischen denke ich, dass diese Regel gar nicht so schlecht ist. Denn die Strahlzeit erfordert ohnehin einen Schichtbetrieb, um 24 Stunden abzudecken. Man muss halt besser planen und dafür sorgen, dass die Leute von der nächsten Schicht alle Infos bekommen. Dafür kann man mit zwei Leuten sehr konzentriert arbeiten, keiner steht herum.
Was ändert sich vielleicht in der Forschung durch diese Erfahrungen mit Online-Tools in der Corona-Zeit?
Ana: Vieles funktioniert online besser als erwartet, und manches sogar besser als in realen Meetings: zum Beispiel können wir prima gemeinsam an Dokumenten arbeiten, das ist sehr effizient. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der wissenschaftliche Austausch noch intensiver wird. Es ist so einfach, per Klick an einer Konferenz teilzunehmen. Man muss nicht in die USA oder wohin auch immer fahren, nur für einen Vortrag.
Franziska: Ja genau. Ich habe jetzt auf einer Konferenz in Indien eine Session geleitet. Dafür musste ich zwar um 5 Uhr früh am Bildschirm sitzen, aber ich musste eben nicht hinfliegen. Und nach meiner Erfahrung profitieren auch andere wissenschaftliche Treffen davon, dass sie nun Online stattfinden. Die Teilnehmerzahlen sind sogar höher als zuvor.
Ana: Das stimmt, das sehen wir auch bei den Seminaren für die BAM-Doktorandinnen und Doktoranden. Seit diese Seminare online stattfinden, kommen auch noch andere Interessierte aus der BAM dazu. Das ermöglicht uns einen größeren Austausch und eine stärkere Vernetzung.
Franziska: Online-Formate werden wir sicher weiter nutzen. Und trotzdem, als ich neulich wieder im Büro war, kam mir ein Kollege strahlend entgegen und sagte: Es ist so schön, die Menschen wieder zu treffen. Das brauchen wir auch.