
Aus der Forschung in die Wirtschaft : Dr. Gerald V. Troppenz hat ein Unternehmen mitgegründet, das Städte zu Smart Cities macht
Was kommt nach Promotion und Postdoc? Ist man dann schon festgelegt auf eine Karriere in der Forschung? Nein, nicht unbedingt, auch in der Wirtschaft gibt es sehr interessante Aufgaben. Dr. Gerald V. Troppenz hat diesen Weg gewählt. Nach seiner Promotion Ende 2014 im Institut für Silizium-Photovoltaik am HZB und einem Postdoc entschloss er sich, ein Unternehmen mitzugründen. Wie er dazu gekommen ist und was nun seine Aufgaben sind, hat er vor einiger Zeit bei einer Veranstaltung der HZB Postdoc Association berichtet und damit viel Interesse geweckt. Hier gibt er noch einmal Auskunft:
Was sind Deine aktuellen beruflichen Aufgaben?
Mein Job ist das Internet of Things (IoT), d.h. also die Digitalisierung von Objekten und Prozessen. Die Tatsache, dass diese Herausforderungen branchenübergreifend bestehen, macht meinen Alltag sehr spannend. Ich arbeite bei der ZENNER IoT Solutions GmbH und bin Teil des Gründerteams. Zu unseren Kunden zählen hautsächlich Energie- und Versorgungsunternehmen, aber auch Konzerne und Betriebe aus der Industrie. Unser Investor ist die ZENNER-Minol-Gruppe.
Was machst Du konkret?
Meine Aufgabe als Business Development Manager und Projektleiter ist es, Synergien innerhalb der Gruppe zu schaffen und zu nutzen, Software sowie Hardware-Komponenten verschiedener Stakeholder zu Ende-zu-Ende IoT-Lösungen zu kombinieren und bei unseren Kunden zu implementieren. Das klingt reichlich abstrakt. Konkret katapultieren wir bei ZENNER IoT Solutions ganze Städte ins digitale Zeitalter und bringen sie der „Smart City“ einen großen Schritt näher. Zurzeit konzentrieren wir uns dabei auf Deutschland. Dazu rollen wir gemeinsam mit Kunden, zum Beispiel den Stadtwerken Karlsruhe, sogenannte LPWAN-Netzwerke im gesamten Stadtgebiet aus. Mit Hilfe der dort von uns eingesetzten LoRaWAN-Funktechnologie lassen sich tausende Wasser-, Gas-, Elektrizitäts- und Wärmezähler auslesen und Rauchmelder, Mülleimer und Parkplätze überwachen. Wir stellen die gesammelten Daten dieser großflächig ausgerollten Infrastruktur mit Hilfe eigens entwickelter Backendsysteme bereit. Dies ermöglicht es den Stadtwerken, sehr viel effizienter zu arbeiten. Das verstehen wir unter Smart City.
Inwiefern spielt Deine wissenschaftliche Ausbildung bei dieser Arbeit eine Rolle?
Es sind vor allem Fähigkeiten und Kompetenzen, die ich in Academia entwickeln konnte, die in meiner jetzigen Tätigkeit eine große Rolle spielen, vor allem:
- Eigenmotivation – die Fähigkeit sich in immer wieder neue Themen Themenbereiche einzuarbeiten.
- Kommunikations- und Teamfähigkeit – komplizierte Sachverhalte zu erfassen und für fachfremde Personen verständlich aufzuarbeiten.
- Abstraktes Denken – zum Beispiel der Umgang mit großen Datenmengen.
- Und nicht zuletzt die Fähigkeit, umfangreiche Projekte in Arbeitspakete aufzuteilen, kontinuierlich zu bearbeiten und zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Letzteres ist definitiv mit den Herausforderungen vergleichbar, wie sie eine größere Arbeit wie eine Dissertation bereithält, auch im Hinblick auf die Interdisziplinarität der Aufgaben.
Es hängt aber auch viel an Personen. Meine damaligen Mentoren am HZB, Norbert Nickel, Jörg Rappich und Bernd Rech, haben mir richtungsweisenden Input gegeben, für den ich heute noch dankbar bin.
Warum hast Du die akademische Laufbahn verlassen?
Die Start-Up-Szene in Deutschland wächst beständig. Gerade als Berliner spürt man die Wirkung dieser Szene besonders stark. Es sind vor allem Digitalisierungsgeschäftsmodelle, die eine immer größere Rolle spielen und welche gerade in ihrem Zusammenwirken sehr spannend sind. Das will ich mitgestalten. Und ich wollte Unternehmer werden, die Dinge in die eigene Hand nehmen, Verantwortung tragen. Das ist mir gelungen.
Wie hast Du den Wechsel in die Wirtschaft vorbereitet?
Ein ansprechender Lebenslauf, ein aussagekräftiges Anschreiben, das Vorbereiten auf Bewerbungsgespräche, natürlich haben diese „harten“ Komponenten eine große Rolle gespielt. Rückblickend waren es jedoch vor allem weiche Faktoren, die sich in der Phase als wichtig erwiesen haben. Dazu zählt in erster Linie intensives Networking, online wie offline. Die Interaktion auf LinkedIn, Xing und verstärkt auch auf Twitter, aber auch auf Veranstaltungen wie Meetups, von denen es in Berlin jede Woche unzählige gibt, helfen, wertvolle Kontakte zu knüpfen sowie in ungezwungenen Gesprächen Selbst- und Fremdbild zu schärfen.
Was fiel Dir bei dem Umstieg schwer, was war ungewohnt?
Ganz klar: Das Wie ist in den Vordergrund gerückt. Das Warum spielt nunmehr eine eher untergeordnete Rolle. Als Wissenschaftler will man den Dingen immer auf den Grund gehen. In der Wirtschaft jedoch achtet man mehr auf den Nutzen. Für einen neugierigen Menschen wie mich ist das in der Tat eine Herausforderung.
Welche Erwartungen haben sich durch diesen Schritt erfüllt?
Ich finde es sehr befriedigend, dass in der Wirtschaft Investment und Auszahlung näher beieinanderliegen als das in der Forschung der Fall ist. Entwicklungen zum Vorteil unserer Gesellschaft sind unmittelbarer. Das hat übrigens den sehr angenehmen Nebeneffekt, dass mein privates Umfeld nun viel öfter meine Antwort versteht, wenn ich gefragt werde: „Und, was bringt das!?“
Was rätst Du Nachwuchswissenschaftler*innen, die sich für eine Karriere in der Wirtschaft interessieren?
Vor jeder Karriereentscheidung hilft es, für sich die Frage zu beantworten: „Was macht mir Spaß?“ Die eigene Begeisterung für ein Beschäftigungsfeld trägt man in jede Situation wie Bewerbungs- oder Investorengespräche hinein und das auf ganz natürliche und überzeugende Art und Weise. Mit dieser Einstellung öffnen sich dann plötzlich auch Türen, durch die zu gehen man für sich vielleicht schon ausgeschlossen hatte.
Zu Person: Dr. Gerald V. Troppenz war von 10/09 bis 07/10 zunächst als studentischer Mitarbeiter und dann von 11/10 bis 12/14 erst als Doktorand und später als Post-Doktorand im Institut für Silizium-Photovoltaik des Bereiches Solarenergieforschung am HZB tätig. Seine Dissertation verfasste er zum Thema „Wachstum und Charakterisierung von großflächigem Graphen“.