Was wir hier machen, ist uns eine echte Herzensangelegenheit. Mit diesem Satz bringt Dagmar-Köpnick-Welzel, Mitarbeiterin des HZB-Schülerlabors in Berlin-Wannsee, die Sache auf den Punkt. Das HZB beteiligt sich am Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Aufholen nach Corona“. Seit März gehen Teams aus dem Schülerlabor in Schulen vor Ort. Eine wichtige Aufgabe, denn die Corona-Pandemie hat Spuren hinterlassen.
Lockdown, Homeschooling und digitaler Unterricht – in den letzten drei Schuljahren lief vieles anders. Die Corona-Pandemie habe zu Lernrückständen geführt und die Motivation habe gelitten, sind sich Lehrkräfte und Bildungsforscher*innen einig. Besonders betroffen sind Schüler*innen, die auch sonst wenig schulische Unterstützung von ihren Eltern erhalten. Das Programm „Aufholen nach Corona“ setzt genau hier an.
„Im Schülerlabor haben wir Erfahrung, wie man an Jugendliche rankommt“
„Als wir von diesem Projekt gehört haben, wir waren gleich begeistert. Denn wir wollen etwas für die Mädchen und Jungen tun, die es in der Schule ohnehin nicht leicht haben. Durch unsere Erfahrung im Schülerlabor wissen wir, wie man an sie rankommen und sie motivieren kann, Dinge auszuprobieren“, erklärt Ulrike Witte vom Schülerlabor-Standort Adlershof. Sie hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Dagmar Köpnick-Welzel einen Förderantrag geschrieben und eingereicht. Nun – nach der erfolgreichen Bewilligung – sind bis Ende 2022 wöchentliche Kurse an mehreren Schulen geplant.
Mit dabei sind die Voltaireschule in Potsdam, das Hermann-Ehlers-Gymnasium in Berlin-Steglitz und die Grundschule am Mohnweg in Berlin-Altglienicke. Die Lehrkräfte vor Ort wählen die Schüler*innen aus den Übergangsklassen (6. und 9. Klasse) gezielt aus. Denn so können genau diejenigen von den Experimentierkursen profitieren, die sich vielleicht niemals freiwillig dafür angemeldet hätten.
Es geht nicht um eine Extra-Portion Unterricht
Der Startschuss fiel Anfang März. Seitdem ziehen sechs studentische Hilfskräfte – mit Experimenten beladen – in die Schulen. „Unsere jungen Kollegen haben gleich einen sehr guten Draht zu den Jugendlichen gefunden. Eine lockere Atmosphäre kann Hemmschwellen abbauen, das ist wichtig. Jeder soll sich trauen, etwas zu fragen oder mitzureden, auch wenn er die Antwort nicht weiß“, erzählt Ulrike Witte.
In den Schülerlabor-Kursen geht es eben nicht um Büffeln und eine Extra-Portion Unterricht. Vielmehr sollen die Schüler*innen wieder mehr Selbstvertrauen bekommen, aber auch mal ganz praktisch mit den Händen arbeiten. „Wir alle haben während des Lockdowns viele digitale Angebote konsumiert. Das Experimentieren kam zu kurz. Aber es ist eine ganz wichtige Säule des naturwissenschaftlichen Unterrichts“, findet Ulrike Witte. „Wir erleben, dass die Jugendlichen begeistert Experimente aufbauen. Oder wie sie mit viel Freude Versuchsobjekte basteln, die sie mit nach Hause nehmen können. Darauf sind sie richtig stolz.“
Eine Show, in der es dampft, zischt und knallt
Jugendliche in diesem Alter zu begeistern, ist nicht gerade ein Selbstläufer. Wie schwer war es, die Schüler*innen aus der Reserve zu locken? „Gerade unseren 9. Klässlern müssen wir anfangs schon etwas bieten, damit sie Lust auf den Kurs bekommen“, berichtet Dagmar Köpnick-Welzel augenzwinkernd. „Also haben wir uns für den ersten Termin eine Experimentiershow ausgedacht, bei der es dampft, zischt und knallt. Eine Vakuum-Kanone oder eine brennende Hand – das sind Dinge, die die Schüler*innen sonst nicht im Unterricht sehen. Damit bekommt man gleich viel Aufmerksamkeit.“
Nach den ersten Terminen in den Schulen vor Ort kommen die Jugendlichen übrigens zum Experimentieren ins Schülerlabor nach Adlershof und Wannsee. „Wir haben hier einfach viel bessere Möglichkeiten, Experimente durchzuführen“, erklärt Ulrike Witte. Dafür werden die Schüler*innen sogar extra von den Schulen abgeholt und zum Labor begleitet.
Im Schülerlabor kommt es auf den direkten Draht an
Doch bald schon heißt es, Abschied zu nehmen, denn der erste Kurs endet mit Beginn der Osterferien am 11. April 2022. „Das ist natürlich einerseits schade. Aber anderseits können wir so insgesamt mehr Schüler*innen in unsere Kurse holen und sie beim Lernen begleiten“, findet Ulrike Witte. „Ich wünsche mir, dass solche wunderbaren Kooperationen mit den Schulen weiterhin möglich sind, auch unabhängig von der Corona-Förderung. Es ist der direkte Draht zu den Schüler*innen, auf den es ankommt und der entscheidet, ob sie Spaß an der Physik haben oder nicht.“ Und dazu kann das Schülerlabor eine Menge beitragen!
„Aufholen nach Corona“ – die Schülerlabor-Angebote im Überblick:
- Projektzeitraum: 1. Januar – 31. Dezember 2022
- Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
- bis zu 90 Schüler*innen insgesamt besuchen insgesamt 9 Kurse
- gezielt Schüler*innen mit Lernschwierigkeiten und aus Klassen, in denen ein Schulwechsel bevorsteht (6. Klasse, 9. Klasse)
- 1. Kurs: Anfang März bis zu den Osterferien
- 2. Kurs: Osterferien bis zu den Sommerferien
- 3. Kurs: nach den Sommerferien bis zu den Weihnachtsferien
Weitere Angebote der HZB-Schülerlabore:
- Derzeit bieten das Schülerlabor in Berlin-Wannsee und Berlin-Adlershof jeweils einmal pro Woche einen Projekttag vor Ort an (verschiedenen Thementage, unterschiedliche Klassenstufen)
- Für naturwissenschaftlich besonders interessierte Schüler*innen gibt es zwei AGs in Berlin-Adlershof (bei Interesse bitte das Schülerlabor-Team unter der E-Mail-Adresse schuelerlabor@helmholtz-berlin.de kontaktieren )