Aarthi Nandy hat Chemieingenieurswesen an der University of Bath in England studiert und danach mehrere Jahre in Großbritannien gelebt und gearbeitet. Aarthi Nandy ist seit März 2021 am HZB tätig, zuerst im Beschaffungsteam des Rückbauprojektes und nun in der Abteilung Nutzer*innen-Koordination. Ein Gespräch über Privlilegien im Arbeitskontext.
Was machst Du am HZB?
Seit Februar 2023 bin ich in der Abteilung Nutzer*innen-Koordination, die sich um Messgäste aus aller Welt kümmert. Dort bin ich für das Qualitätsmanagement zuständig. Unser Nutzer*innen-sind sehr international, das ist sehr spannend! Außerdem bin ich stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte am HZB.
An welchen Punkten Deiner Arbeit spielt Diversity eine Rolle?
Diversity spielt bei mir an allen Lebenssparten sowohl beruflich als auch privat eine wichtige Rolle. Insbesondere bei meiner Arbeit als stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte begleite ich abteilungsübergreifend Einstellungsprozesse und Bewerbungsgespräche, in denen sich Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen und Lebenswegen vorstellen. Es ist mir ein Herzensanliegen, mich proaktiv für die Chancengleichheit aller Kandidat*innen und Kolleg*innen einzusetzen.
Was ist Dir beim Thema Diversity wichtig?
Das Thema Privilegien steht bei mir ganz klar im Vordergrund. Ich finde es sehr wichtig, dass wir mehr über unsere eigenen Privilegien reflektieren und diese häufiger im Arbeitskontext thematisieren. Menschen, die als „nicht normativ“ eingestuft werden, haben es viel schwerer, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, zum Beispiel Menschen mit Migrationshintergrund oder „People of Colour“, Menschen, die als „queer“ oder „handicapped“ gelesen werden, Menschen, die mit Sprachbarrieren zu kämpfen haben oder Personen, die nicht über in der EU anerkannte Abschlüsse verfügen. Es gibt Barrieren, die für andere oft nicht sichtbar sind. Die Gesellschaft müsste die unterschiedlichen Startbedingungen, die die Menschen mitbringen, stärker wahrnehmen. Deshalb sollten wir nicht nur auf die Qualifikationen, sondern auch auf die Lebenswege der Bewerber*innen schauen. Viele kommen erst auf Umwegen zu ihrem Beruf und man sollte ihnen Chancen geben, gerade weil sie frische Perspektiven und einen Schatz an Lebenserfahrung mitbringen.
Für welchen Aspekt von Diversity sollte sich das HZB noch mehr engagieren?
Ich wünsche mir, dass es mehr Sichtbarkeit und Repräsentanz von deprivilegierten Personen am HZB gibt, zum Beispiel mehr Frauen* in Leitungsfunktionen und mehr festangestellte People of Colour in Schlüsselpositionen. Auch die Bereitstellung von genderneutralen Toiletten und die erweiterte Nutzung von genderreflektierter Sprache sind mir wichtig. Generell gilt es, mehr „Awareness“ zu schaffen. Wir sollten darüber hinaus offen über den Umgang mit Krankheiten oder psychischen Belastungen sprechen können. Und die Barrierefreiheit sollte immer berücksichtigt werden, damit wir keine Menschen von vornherein ausschließen.
Dieses Interview wurde geführt von Silvia Zerbe.
Privilegien am Arbeitsplatz: Wenn man es einfach einfacher hat.
Wir sprechen (aus gutem Grund!) sehr häufig über verschiedene Diskriminierungsformen und über die Hürden, die verschiedene Menschen mit nicht-privilegierten Lebensbiographien haben. Aber oft vergessen wir zu thematiseren, was es heißt, bestimmte Privilegien zu haben. Kurz gesagt: Privilegiert zu sein heißt, man profitiert von Vorteilen, die anderen Personen verwehrt bleiben. Und das einfach aufgrund bestimmter Eigenschaften, die man hat. Diese Privilegien zeigen sich im Arbeitskontext z.B. in höheren Positionen und Gehältern oder in besseren Arbeitsbedingungen.
Privilegien können oft aber auch ganz simpel sein. Wenn man sich beispielweise als männlich gelesene Person keine Gedanken über seine Kleidung machen muss, weil man dafür schon nicht verurteilt werden wird. Oder wenn man sich als Teil einer heterosexuellen Beziehung, keine Gedanken machen muss, wenn in der Mittagspause der*die Partner*in vorbeikommt. Oder wenn man sich als Deutsch gelesene Person auch mal holprige Sprache leisten darf, ohne befürchten zu müssen, dass einem die Kompetenz abgesprochen wird.
Eine Sache, die all diese Privilegien gemeinsam haben: Sie sind meist unsichtbar für privilegierte Positionen. Als privilegierte Person denkt man oft nicht darüber nach, dass man es gerade jetzt in dieser Sekunde leichter hat, als andere. Einfach nur, weil man das Privileg hatte, mit bestimmten vorteilhaften Merkmalen geboren zu sein.
Die eigenen Privilegien zu erkennen und die Erfahrungen der nicht-privilegierten Kolleg*innen anzuerkennen ist dabei essentiell für ein gutes Miteinander. Gemeinsam kann man sich für gleiche Chancen und Rechte einsetzen und dafür kämpfen, Hürden abzubauen.
Die Emanzipation nicht-privilegierter Personen erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der auf individueller, organisatorischer und gesellschaftlicher Ebene wirkt. Indem wir uns bewusst mit Privilegien auseinandersetzen und aktiv an der Schaffung gerechterer Arbeitsplatzumgebungen arbeiten, können wir zur Förderung einer inklusiven, wertschätzenden Gesellschaft beitragen.
Geschrieben von Ribal Zeitouni.
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