Gemeinsam Methoden für die Forschung mit Synchrotronlicht weiter entwickeln
„Am HZB beeindruckt mich sehr die offene und freundliche Atmosphäre. Nutzer können sich am BESSY immer willkommen fühlen.“ Dieses Lob für das HZB kommt nicht von irgendeinem Nutzer, sondern von Nils Mårtensson. Mårtensson ist Professor an der Universität Uppsala, hat 13 Jahre lang die Planung und Realisierung der schwedischen Synchrotron-Strahlungsquelle Max IV geleitet und ist 2013 mit einem Grant des European Research Councils (ERC) ausgezeichnet worden. Er ist Mitglied der Schwedischen Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender des Nobelkomitees für Physik. Am HZB forscht Mårtensson im Rahmen des Uppsala Berlin Joint Laboratory (UBjL), in dessen Aufbau die Mittel aus seinem ERC-Grant geflossen sind, und dem er zusammen mit Professor Alexander Föhlisch, Leiter des HZB-Instituts „Methoden und Instrumentierung der Forschung mit Synchrotronstrahlung“, vorsteht.
Nobelpreise 2018 in Vorbereitung
Die Terminvereinbarung für ein Interview mit Nils Mårtensson verläuft freundlich und unkompliziert. Sie benötigt aber etwas Vorlauf. Das ist nachvollziehbar, schließlich hat der Reisende in Sachen Wissenschaft nicht nur im HZB, sondern auch in Schweden und in vielen anderen Ländern zu tun. Erst im Gespräch wird deutlich, warum Professor Mårtensson längere Zeit in Schweden nicht abkömmlich war: „Im Nobel-Komitee arbeiten wir bereits jetzt an der Auswahl für die Nobelpreise 2018“, erklärt Mårtensson: „Dafür werden zahlreiche Gutachten eingeholt, die das Auswahlgremium diskutiert. Sämtliche Besprechungen müssen persönlich geführt werden. Telefon oder Email dürfen wir nicht benutzen, um absolute Geheimhaltung sicherzustellen. Das bedeutet natürlich einen hohen Zeitaufwand – der aber mit spannenden Einblicken in die Weltspitze physikalischer Forschung belohnt wird.“
Universität Uppsala und HZB: Im gemeinsamen Labor neue UNtersuchungsmethoden entwickeln
Für gerade mal zwei Tage ist Mårtensson anschließend nach Berlin gekommen – und nimmt sich ausreichend Zeit, seine Forschung zu erklären: „Im UBjL haben wir Untersuchungsmethoden für funktionale Materialien entwickelt, die es sonst an keiner Forschungseinrichtung gibt“, so Mårtensson: „Sie basieren auf winkelaufgelöster Flugzeit- Elektronen-Spektroskopie – kurz ARTOF. Nur an BESSY II finden wir Pulse mit der Zeitstruktur, die wir für die Forschung mit diesen Methoden brauchen.“ Damit können Mårtensson und sein Team den Zustand funktionaler Materialien – etwa für die Gewinnung regenerativer Energie – bei geringstmöglicher Röntgen-Dosis untersuchen: „Die Lebensdauer der Proben erhöht sich deutlich gegenüber Untersuchungen mit stärkerer Röntgen-Strahlung“, hebt Mårtensson hervor. Weitere Methoden erlauben die detaillierte Erfassung der elektronischen Struktur von Materialien.
Warum haben Sie als Leiter von MAX IV, als der Sie ja von Anfang am Design der Maschine beteiligt waren, nicht dafür gesorgt, dass dort die gleichen idealen Forschungsbedingungen entstehen, wie hier an BESSY, Herr Mårtensson? „So funktioniert die Community nicht, die an der Entwicklung und am Bau von Synchrotron-Strahlungsquellen beteiligt ist“, antwortet der Forscher in bedachtem Ton: „Es wäre irrsinnig teuer, überall Anlagen aufzubauen, die alles technisch Mögliche optimal können. Man muss Schwerpunkte setzen und in denen wirklich weltweit führend werden. Dabei helfen sich die Forscher und Konstrukteure der verschiedenen Anlagen dann gern gegenseitig. An MAX IV war es nun mal die geringe Emmitanz der Strahlung, die uns wichtig war. Extrem kurze Pulse finden wir ja hier in Berlin am HZB – wo ich mich bei jedem Besuch sofort sehr wohl fühle.“
EIN GASTBEITRAG VON HANNES SCHLENDER