VON ANDRE NEUBAUER: Wer kann schon von sich behaupten, sein Freiwilliges Jahr an einem Teilchenbeschleuniger UND einem Forschungsreaktor zu machen? Auf der Skala der coolen Post-Abi-kalyptischen Tätigkeiten ist das schwer zu toppen. Besonders, wenn das in der Multikulti-Metropole Berlin stattfindet. Zu den Highlights meines Freiwilligen Jahrs zählen die Besichtigung des Protonenbeschleunigers, der Ionenmikroskope und des BESSY II Kontrollraums, das Designen von Spektralbrillen – sowie ein Journalistenauftrag. EIN ERFAHRUNGSBERICHT IN DREI TEILEN
TEIL 1: Das große Abenteuer in Berlin beginnt
Hallo, mein Name ist Andre Neubauer. Ich bin 19 Jahre alt, Düsseldorfer und habe vor kurzem mein Abitur gemacht. Seit September 2019 mache ich mein Freiwilliges Jahr in Nachhaltigkeit, Technik und Wissenschaft (FJN) im Schülerlabor des HZB unter Anleitung von Ulrike Witte (Standort Adlershof) und Dagmar Köpnick-Welzel (Standort Wannsee). In mir steckt eine starke Begeisterung für Naturwissenschaft und ich bin deswegen extra für das FJN in das 500 Kilometer entfernte Berlin gezogen. Die riesige neue Stadt, das zukunftsweisende Institut sowie die fremde Berliner Kultur sind für mich ein großes Abenteuer.
Das Freiwillige Jahr in Nachhaltigkeit, Technik und Wissenschaft
Das Freiwillige Jahr FJN bietet verschiedene Einsatzangebote und wird nur vom Internationalen Jungendgemeinschaftsdienst ijgd angeboten. Ich hatte die Wahl zwischen Laborarbeit, Forschungsarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, Messarbeit und Schülerlaboren und das in vielen Bundesländern (leider nicht NRW), darunter Städte wie Kassel, Dresden, Hamburg, Helgoland, Rostock etc. Auch konnte ich mich zwischen dem Deutschen Luft- und Raumfahrt Zentrum (DLR), einem Fraunhofer-Institut und mehreren anderen Forschungszentren entscheiden. Zuerst habe ich mich bemüht, eine Stelle zu bekommen, die sehr nah an der Forschung dran ist. Ich wollte wissen, wie der Alltag eines Forschers aussieht, selber forschen und dabei etwas Gutes für die Gesellschaft machen. Ich hätte niemals gedacht, dass ich all das hier am HZB finden würde, und dann auch noch in einem Schülerlabor.
Mehr als nur Kindern zeigen, dass Feuer heiß ist
Bei der großen Vielfalt, die sich einem so bietet, wird man gern belächelt, wenn man sagt, man arbeitet in einem Schülerlabor. Meine Freunde unterschätzen die Arbeit, meinen ich sei nur dazu da, Kinder zu betreuen und offensichtliches Wissen zu wiederholen. Aber falscher könnte diese Ansicht nicht sein. Zunächst mal kommen Themen ran, die alles andere als offensichtlich sind. Ich war baff, als ich die Menge an Experimenten, Versuche und Themen entdeckte, die hier möglich sind: Wir schmieden mit dem Formgedächtnisdraht Nitinol kleine, selbst zusammenfaltende Herzen, bauen funktionierende Solarzellen aus Tee und Zahnpasta und lassen mit flüssigem Stickstoff und Supraleitern Magnete schweben. Oder wir zerlegen Licht in einem Pappkarton und simulieren die Farben des Sonnenuntergangs mit Kaffeesahne. All dies gehört zu den coolen, im Alltag unbekannten Sachen, die ich hier mit den Schülern mache.
Kinder sind herrlich direkt
Zum anderen ist diese Arbeit mega erfüllend. Kinder haben diese herrliche Eigenschaft der verspielten Direktheit, man kann an ihrer ehrlichen Reaktion und dem Gesichtsausdruck ablesen, ob sie etwas verstanden haben, es langweilig finden oder etwas überhaupt nicht verstehen. Das macht die positive Rückmeldung, die man bekommt, umso ehrlicher. Jedes „AHHHH ACHSO“, das auf eine Erkenntnis folgt, jedes „Hä … das geht ja gar nicht“, das auf eine Frage antwortet, und jedes „Guck mal! Schau mal! Es klappt!“, das im Raum hallt, wenn wir Versuche machen, fühlt sich so gut an. Nicht nur weil glückliche Kinder die Stimmung heben, sondern weil jedes erstaunte Gesicht einen erfolgreichen, einzigartigen Moment bedeutet.
Ich habe gerade die nackte Neugier für die Welt, in der wir leben, in einem Kind geweckt. Wie wenn man die erste Kerze in einem dunklen Raum zündet, erhellt diese Neugier den Weg in die Wissenschaft und somit den Weg in die Wunder. Zu wissen, dass wir im Schülerlabor nicht die Kinder einen Tag lang unterhalten, sondern dass wir sie mit Forschen und Erklären faszinieren können, dass wir die Gesellschaft reicher machen und manche Kinder sich nachher bei uns bedanken, weil sie das alles so cool fanden (und etwas nach Hause mitnehmen dürfen, das ist ganz wichtig), macht mich stolz.
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