
Nächste Woche beginnen in Berlin die Winterferien. Viele Eltern finden sie normalerweise ein bisschen überflüssig: Kaum hat die Schule im neuen Jahr begonnen und sich der Schlafrhythmus wieder eingependelt, der in den Weihnachtsferien abhandengekommen ist, steht die nächste Unterbrechung vor der Tür. Doch nach vier Wochen Homeschooling sind die Winterferien dieses Mal nicht überflüssig. Nein, sie sind hochwillkommen und notwendig – und zwar nicht nur für die Kindern, sondern auch für uns Eltern.
“Mama, wo ist der Link zur Videokonferenz?”
Seit vier Wochen befinde ich mich in einer Endlosschleife: „Mama, der Lernraum funktioniert schon wieder nicht!“, „Mama, wo ist der Link für meine Videokonferenz?“, „Wie viel ist 256 geteilt durch 10000?“, „Warum haben Vögel ein größeres Herz?“, „Wie viele Wachtürme hat der Limes?“, „Und wann verwende ich bitte schön present perfect?“ Nicht zu vergessen sind Fragen dieser Art: „Kannst du mir bitte schnell beim Hochladen helfen?“ oder „Wie mache ich daraus nochmal ein PDF?“
Es kann sein, dass andere Grundschüler damit allein zurechtkommen. Aber ich wage es zu bezweifeln. Natürlich gibt es youtube, google und auch Lehrbücher. Und sicherlich werden unsere Kinder fitter darin, sich selbst Wissen anzueignen; eine ganze Generation Autodidakten wächst nebenbei heran. Doch wer hilft ihnen auf dem Weg dorthin? Wer springt ein, wenn man an Dingen wie dem Lernraum oder einer umständlich formulierten Aufgabenstellung wieder mal scheitert? Wir Eltern natürlich. Und deshalb heißt es seit Wochen für uns zu Hause: Nur mal kurz die Arbeit unterbrechen, um die Videokonferenz meiner Tochter zu starten oder ihr beim Rechnen zu helfen, und dann schnell wieder vor den Laptop setzen, um weiterzuarbeiten. Und zwischendurch noch ein bisschen motivieren, weil die Elfjährige manchmal verständlicherweise keine Lust mehr auf Homeschooling-Aufgaben hat. Ja, wir sind mittlerweile alle Meister im Multitasking. Das klingt vielleicht nach einer netten Fähigkeit, aber tatsächlich sind die endlosen Unterbrechungen einfach nur erschöpfend. Und trotzdem heißt es jeden Morgen: The show must go on.
Alles ist anders und muss trotzdem weiterlaufen wie bisher
Viele Eltern kämpfen mit einer ähnlichen Situation, wie ich sie hier beschreibe: Auf der einen Seite ist durch den Lockdown alles anders und auf der anderen Seite muss trotzdem alles weiterlaufen wie bisher. Für Eltern mit kleinen Kindern ist das Ganze noch viel herausfordernder, ihnen ist es fast unmöglich, sich um Arbeit und Kinderbetreuung gleichzeitig zu kümmern. Uns ist allen bewusst, dass sich die Situation in den nächsten Wochen nicht ändern wird. Homeschooling und Kitaschließungen werden uns weiterhin erschöpfen und uns viel abverlangen. Aber wenn wir darüber sprechen, machen wir auf unsere Situation aufmerksam – und weisen auch auf unsere Grenzen hin. Was wir brauchen, ist Entschleunigung und vor allem eins: Verständnis. Ich bin froh, dass ich in einer verständnisvollen Umgebung arbeite, in der es viel Entgegenkommen gibt.
Nächste Woche gibt es dann endlich die heißersehnte Pause. Doch was tun in diesen Corona-Ferien, damit einem nicht die Decke auf den Kopf fällt? Es sind übrigens die dritten Lockdown-Ferien: nach den Oster- und Weihnachtsferien 2020 jetzt auch die Winterferien. Ich kann nur sagen: Alle Brettspiele sind durchgespielt, alles in der Umgebung erkundet. Während wir im ersten Lockdown noch neue Wege entdeckt haben, ist dieser Zauber fast verschwunden. Auch dieses ewige Spazieren in der ewig gleichen Umgebung fühlt sich wie eine Endlosschleife an.
Raus aus der Endlosschleife
Und doch war‘s heute anders: Ich habe viele Vögel gehört. Sie trotzen dem trüben Wetter – und Corona ist ihnen auch egal. Manchmal sind es die kleinen Signale, die zum Durchhalten motivieren: Wo die Vögel singen, ist der Frühling nicht mehr weit. Vielleicht lässt es das Wetter in den Winterferien zu, dass wir gemeinsam Berlin erkunden, die bekannten und die unbekannten Ecken. Und so wünsche ich uns allen, dass wir eine Zeitlang dem Homeschooling- und Homeoffice-Koller entfliehen können – und dass der Frühling bald kommt!