Vor einem Jahr machte Deutschland zum ersten Mal dicht: Schulen, Kitas, Geschäfte wurden geschlossen und die Arbeit, wo immer es ging, ins Homeoffice verlegt. Dass uns die Pandemie jetzt immer noch fest im Griff hat, hätten wir damals nicht gedacht. Mittlerweile haben wir uns an die neue Arbeitswelt im Homeoffice gewöhnt und sie funktioniert im Großen und Ganzen gut. Doch wie wird sich die Situation entwickeln? Und was bleibt momentan auf der Strecke?
Vorbehalte gegenüber dem Homeoffice haben sich aufgelöst
Viele von uns arbeiten weiterhin überwiegend zu Hause. Das hält den Kolleg*innen den Rücken frei, die in den Laboren oder bei BESSY II arbeiten – und denen, die sie dabei vor Ort unterstützen. Alle anderen sind seit einem Jahr mehr oder weniger im Homeoffice. Das hat viele Facetten, gute und schlechte. Bemerkenswert ist jedoch, wie schnell sich frühere Vorbehalte gegenüber dem Homeoffice fast vollständig aufgelöst haben (ach, wenn es doch überall so schnell ginge!). Wir alle haben in den letzten zwölf Monaten gemerkt: Die Arbeit wird auch von zu Hause erledigt – und manchmal sogar effizienter.
Was fehlt, ist der Austausch
Obwohl wir uns gut damit arrangiert haben, merke ich, dass die Fliehkräfte zunehmen und dass wir alle ein wenig auseinandergerückt sind. Was mir fehlt, ist der Austausch, und zwar gerade mit den Kolleg*innen, die nicht zum eigenen Team gehören. Es ist ein bisschen so, als würde jede Gruppe in einem Mikrokosmos leben, in dem alles seine eigene Logik und Dynamik hat. Das führt dazu, dass wir etwas abgekoppelt von anderen arbeiten. Wie sehr vermisse ich manchmal die kleinen Gespräche im Flur, auf der Terrasse oder den gemeinsamen Kaffee. Ich wünsche mir, wieder mehr ein Gespür dafür zu bekommen, was den anderen beschäftigt.
Hinzu kommt: Ich bekomme kaum noch Anrufe von Kolleg*innen aus anderen Abteilungen. Dafür landen jeden Tag mehr Emails in meinem Postfach. Ich muss mir auch selbst an die Nase fassen, denn natürlich sind Emails unheimlich praktisch. Man ruft nicht ungelegen an, man stört den anderen nicht beim Mittagessen und kann sein Anliegen direkt loswerden. Aber ich fürchte, dass wir dieses Verhalten schon viel zu sehr verinnerlicht haben: Wir schreiben Emails und wir beantworten Emails. Und wir klären Missverständnisse auf, die die Emails manchmal verursachen. Am Ende haben wir uns fünfmal hin- und hergeschrieben, bis wir das wieder gelöst haben. Deshalb muss ich sagen: Ich vermisse eure Anrufe! Mich interessiert, wie es euch geht, womit ihr euch beschäftigt und was euch antreibt.
Videokonferenzen haben auch ihre Grenzen
Und es muss nicht unbedingt ein Anruf sein, auch Skype ist super. Denn die Pandemie hat gezeigt: Es gibt viele Möglichkeiten, digital in Kontakt zu bleiben. Wir alle haben unsere Scheuklappen vor Videokonferenzen abgelegt und in den letzten zwölf Monaten unheimlich viel dazugelernt, wie man sie gut nutzt. Aber wir haben auch die Grenzen des digitalen Austauschs erfahren: Was leider nicht so gut in Videokonferenzen funktioniert, sind Diskussionen, in denen es auf verschiedene Meinungen und neue Ideen ankommt. Eine Gesprächssituation besteht eben aus mehr als Worten, auch die Mimik und Gestik sind wichtig, um das Gesagte einzuschätzen.
Wie lautet also mein Fazit nach einem Jahr Corona-Pandemie?
Homeoffice ist sehr gut und stärkt die Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Pflichten. Für viele, die in Familienaufgaben oder ins Homeschooling eingespannt sind, ist Homeoffice momentan unverzichtbar. Und es ist gut, dass das HZB dies in einem umfassenden Rahmen ermöglicht. Trotzdem sehne ich mich nach mehr Büroalltag, weil ich merke, wie wichtig es ist, vor Ort zu sein und mit anderen zu reden. Nicht alles lässt sich so schnell aus dem isolierten Homeoffice heraus erledigen, es kommt auf eine gute Mischung von Büro und Homeoffice an. Und so hoffe ich, dass sich die Situation auch durch den Einsatz von Schnelltests bald verbessern wird. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, wieder häufiger anzurufen und an die Türen zu klopfen, wenn ich vor Ort bin. Denn ich möchte wieder mehr über den eigenen Tellerrand hinausblicken, mich gemeinsam mit euch freuen oder ärgern – und mich durch Gespräche inspirieren lassen.
Liebe Silvia, auch wenn das jetzt auch schriftlich ist und kein Anruf 😉 – das hast du gut auf den Punkt gebracht. Ich finde es auch gut, dass die Vorbehalte gegen das HO sich offensichtlich verflüchtigen, aber das persönliche miteinander arbeiten inklusive Gestik und Mimik und sich auch mal ins Wort fallen können ist nicht durch VKs ersetzbar und die Flurgespräche schon gar nicht.
LG, Manu
@Susen Bredereke: Ich muss widersprechen, man kann durchaus zum Zwecke der Kindererziehung tariflich abgedeckt *befristet* in Teilzeit gehen und hat im Anschluss die Vollzeitstelle wieder.
Ich bin eine alte Home Office’erin. Seit 5 einhalb Jahren klappt das prima. Ich musste kämpfen damals 3 Tage zu bekommen. Jetzt habe ich 5 Tage. Läuft… Wenn alles wieder normal geht, nehme ich gerne 4 und dann auch wieder Vollzeit.
Was viele vielleicht nicht wissen.. man hat als Mutter ein Recht auf Teilzeit zu gehen, aber kein Recht wieder auf Vollzeit zurückzukehren.