
Von Andre Neubauer
Jeden Freitag Nachmittag lädt das Museum für Naturkunde Schülerinnen und Schüler ein um, mit Leuten aus der Forschung zu diskutieren und Themen wie zum Beispiel Energiewende und Klimawandel kennenzulernen. Und diesmal sollte ich dabei sein. Erst vor kurzem habe ich mein Freiwilliges Jahr in Naturwissenschaft am Schülerlabor des HZB angefangen und bin dafür in die Millionenstadt Berlin gezogen. Alles an dieser Stadt ist neu und aufregend – so wie heute, 15. November 2019.
Freitag Nachmittag im Museum für Naturkunde
Nervosität und Faszination brechen über mich ein, denn gleich bin ich das erste Mal Journalist und das erste Mal im Naturkundemuseum Berlin. Die Dinosaurier sind cool, aber für ein Interview komme ich 66 Millionen Jahre zu spät.
Ein Gang verbindet die Ausstellung für Tierpräparate mit der Ausstellung für Urzeitwesen; links von diesem Verbindungsstück befindet sich das Experimentierfeld, ein riesiger Raum mit Lautsprechern und einem gelb erleuchteten Tisch mit warmen Glühlampen. Man hört einen Laptop und einen Beamer im Hintergrund summen. Langsam kehren Menschen auf die Sitze ein, welche wie eine Treppe nach oben steigen. Es kommen gerade genug Zuschauer, um eine Fußballmannschaft zu bilden. Vor allem Erwachsene und Senioren. Nur ein vier jähriges Mädchen hat sich hier hin verirrt und zieht den Altersdurchschnitt des Publikums herunter.
Zwei HZB-Forscher zeigen, wie Wasserstoff produziert werden kann

An diesem Freitag stellen sich Moritz Kölbach und Matthias May der Debatte. Die beiden sind Postdocs am HZB und forschen an der Wasserspaltung mit Solarenergie. So lässt sich Sonnenenergie chemisch speichern, also: Licht in Brennstoffe verwandeln. Pflanzen tun mit Photosynthese nichts anderes. Wasser kann nämlich durch Anlegen einer Spannung zu Wasserstoff und Sauerstoff zersetzt werden. Dafür muss eine Zersetzungsspannung erreicht werden, die das Wasser zerlegt.
Am Experimentiertisch bauen die beiden Forscher eine starke Lampe auf, die die Sonne imitiert. Außerdem haben sie Solarzellen mitgebracht, welche das Licht in Strom umwandeln, sowie Kabel und Metallschrauben. Dann tauchen sie die Kabel mit den Schrauben in ein Becherglas mit Wasser.

Und da huscht die vierjährige Johanna hinein, angezogen vom warm glühenden Licht. Sie hält in ihrer linken Hand einen elektronischen Tour Guide, der ihr ins Ohr flüstert, in welcher Ausstellung sie ist und was für Schätze diese beherbergt.
„Nein hier nicht Schatz. Das ist nur was für große Leute“, hört man ihre Mutter sagen. Aber ich antworte sofort: „Nein, hier sollen alle mitmachen.“ Und lade Johanna ein. Tatsächlich ist es kinderleicht: Zusammen mit Moritz zerlegt Johanna Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff, der Fachbegriff dazu heißt Elektrolyse und Johanna wird das erst sehr viel später in der Schule kennenlernen. Aber hier sieht man es schon mal direkt: an den beiden Metallschrauben steigen Gasbläschen auf, an einer Seite sind Wasserstoffbläschen, an der anderen sind Sauerstoffbläschen.
Und wozu braucht man Wasserstoff?

Matthias stellt dann eine von vielen Anwendungsbereichen des Gases vor: Die Sonnenenergie wird in Form von Wasserstoff gespeichert. Wie eine Batterie oder ein Staudamm speichert das Gas die Sonnenenergie als chemische potentielle Energie. Das Gas selbst kann für Wasserstoffautos genutzt werden, denn sie sind eine starke Alternative zu Autos mit fossilen Brennstoffen. Wasserstoffautos verbrennen Wasserstoff und Luftsauerstoff zu Wasser und als Abgas entsteht nur Wasserdampf. Wasserstoff ist ungiftig, allerdings muss man dennoch etwas beachten:
Achtung Knall-Gas
Denn Wasserstoff explodiert im Kontakt mit Luftsauerstoff, bestens bekannt unter dem Namen Knall-Gas-Probe. Deswegen ist das Einschließen in dichten Behältern notwendig. Aber das ist nicht ganz einfach, erklärt Matthias: „Wasserstoff ist das kleinste Molekül der Welt, es festzuhalten ist also umso schwerer. Ein winzig kleines Loch im Tank und schon fliegt alles davon. Also passen wir extra genau auf und bauen sie dicht.“
Ausblick: Kraftstoffe aus Wasserstoff und CO2
Die Forscher gehen aber noch einen Schritt weiter: Mit Solarer Wasserspaltung wäre es möglich, aus Wasser und CO2 Kraftstoffe herzustellen, die bisher aus Erdöl gewonnen werden müssten.
Nach dem Vortrag und dem Experimentieren befragte ich Moritz über den Tag: „Der Hintergrund war „Fridays for Future“ zu unterstützen und es ist schon schade, dass nur wenige von den Jugendlichen da waren, schließlich wollten wir Schülern die Forschung näher bringen. Aber so ist das Leben.“
Ich frage ihn, ob er so eine Veranstaltung nochmal im Naturkundemuseum führen würde: „Es hat sehr viel Spaß gemacht und es kamen interessante Gespräche zustande. Also ja, gerne.“