Rumänien ist seit 2007 in der EU und noch immer einer der ärmsten Staaten darin – ein kleiner Vergleich: das BIP pro Kopf in Deutschland liegt bei 38000 €, in Rumänien nur bei 8600 €. Bildung und Forschung könnten jedoch einen Weg in eine bessere Zukunft bahnen. Genau aus diesem Grund sind wir im Oktober 2017 dorthin gefahren. Wir wollten unseren rumänischen Kolleginnen und Kollegen zeigen, welche Chancen die Lichtquellen in Europa bieten und dass sie Unterstützung bekommen können, um dort zu messen. Kaum jemand wusste, dass eine Messzeit bei uns, aber auch an anderen Lichtquellen in Europa, für Unis kostenlos ist! Und auch nicht, dass wir sogar zwei Messgäste pro Messgruppe finanziell unterstützen.
CALIPSOplus und das Partnerprogramm
Meine Chefin Antje Vollmer, die bei uns am HZB den Nutzerservice leitet, hat an verschiedenen Unis in Rumänien die europäischen Lichtquellen, das CALIPSOplus-Projekt und das von uns geleitete Partnerprogramm (Twinning Programme) selbst vorgestellt. Danach konnten wir die einzelnen Institute besuchen und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über Ihre Forschung und „Twinning“-Wünsche sprechen.
Überall wurden die mitgebrachten Informationen mit Begeisterung und großem Interesse aufgenommen. Einige Kollegen aus Rumänien zeigten sich sogar bereit, gleich eigene Messzeitanträge zu stellen – parallel zu dem Partnerprogramm, in dem eine erfahrene Nutzer-Gruppe einen nicht erfahrenen Kollegen aus den EU13-Ländern während einer Messzeit betreut. Die Forschung in Rumänien, die uns gezeigt wurde, ist sehr aktuell und innovativ und wurde mit großer Begeisterung vorgestellt. Es gibt unter anderem mehrere Gruppen, die an Solarzellen forschen, aber auch in der Mikrobiologie, Magnetismus oder Bionik haben wir interessante Projekte kennengelernt.
Ein neugieriger Abi-Jahrgang
In Timisoara habe ich vor Abiturientinnen und Abiturienten einen eigenen Vortrag gehalten. Professor Daniel Vizman hatte mich darum gebeten, denn selber wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass Jugendliche sich dafür interessieren könnten. Der Vortrag sollte in allererster Linie die jungen Leute für das Fach Physik begeistern und sie als mögliche Studenten anlocken. Warum? Alle Kollegen, die wir in Rumänien kennen gelernt haben, beklagten sich über die gleiche Sache: immer weniger Abiturienten würden sich dafür entscheiden, Physik oder Chemie zu studieren; es gäbe andere Studiengänge wie Informatik oder Wirtschaftswissenschaften, die attraktiver wären und mehr Geld versprächen. Damit gehen ihnen leider immer mehr die Leute aus, die die Forschung vorantreiben könnten.
Den Vortrag habe ich auf Rumänisch gehalten. Ich bin zum Teil in Rumänien aufgewachsen und kann noch gut genug rumänisch sprechen, um mit den Leuten reden zu können. Allerdings fehlten mir die Fachwörter. Das war aber gar nicht so schlimm, so konnte ich die Schüler während des Vortrages mit einbeziehen und nach den fehlenden Begriffen fragen. Da sie alle ziemlich gut englisch sprechen konnten – Filme, Serien und viele Bücher werden in Rumänien auf Englisch konsumiert – konnten sie mir sehr gut weiter helfen.
Die jungen Leute haben mich am Ende richtig ausgefragt. Ich habe ihnen viel über unsere Lichtquelle erzählt, was man damit untersuchen kann, aber auch über die Job-Chancen in der Wissenschaft. Eine Schülerin hat sich besonders für Patente interessiert und wie sowas funktioniert. Wie man sieht: Geld spielt doch sehr oft die Hauptrolle. Meine Chefin Antje hat mir hinterher erzählt, dass es „standing ovations“ gab. Und ich fand auch, dass es sich gelohnt hat, schon allein wegen der vielen Fragen.
Unverzichtbar: Persönliche Kontakte
Dieser erste Besuch im Rahmen des CALIPSOplus-Partnerprogramms hat uns gezeigt, wie wichtig es ist mit Kollegen aus ganz Europa persönlich in Kontakt zu treten und über mögliche Kooperationen und EU-weite Chancen zu diskutieren. In Ländern wie Rumänien, aber auch den anderen Neumitgliedern in der EU (EU13-Ländern) gibt es so viele talentierte Menschen, die voller Ideen sind und mit dem wenigen Geld, das sie haben, ausgeklügelte Messaufbauten basteln! Es ist so schade, dass es kaum Möglichkeiten gibt, diese Leute auch zu finanzieren. Hier in Deutschland hatte ich Glück, ich wurde während meiner Doktorarbeit bezahlt – in anderen Ländern ist es nicht so. Natürlich orientieren sich die jungen Menschen auch nach monetären Aspekten und nicht nur nach ideellen.
Zu guter Letzt eine letzte kleine kulinarische Empfehlung: das Essen war großartig! Wenn man in Rumänien ist, muss man unbedingt folgende Speisen probieren: Langosch, Kürtőskalács, Salată de vinete und Sarmale.
Und hier noch die harten Fakten:
Und natürlich, ganz am Ende, die äußerst wichtigen „trockenen“ Details: Das von der EU finanzierte CALIPSOplus-Projekt unterstützt den internationalen Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und den transnationalen Zugang zu den europäischen Lichtquellen. Insbesondere die Integration der 13 jüngsten EU-Länder, die bisher nur selten die europäischen Lichtquellen genutzt haben, soll dadurch stärker gefördert werden.
Mehr Informationen kann man hier finden: http://www.calipsoplus.eu/.